1) Grundlagen der Hämodynamik
Unter Hämodynamik versteht man die physikalischen Prinzipien der Blutbewegung: Druck, Fluss, Widerstand und Compliance der Gefäße. Herz und Gefäßsystem wirken wie Pumpe und Rohrnetz: Das Herz erzeugt Druck, der das Blut durch Arterien, Kapillaren und Venen treibt. Die wichtigsten Größen sind:
- Blutfluss (Flow): Volumen pro Zeit (z. B. Liter/Minute).
- Druck: Vor allem arterieller Blutdruck (systolisch/diastolisch, mittlerer arterieller Druck = MAP).
- Gefäßwiderstand: Systemischer Gefäßwiderstand (SVR) beeinflusst, wie viel Druck nötig ist, um einen bestimmten Fluss zu erzeugen.
- Compliance: Dehnbarkeit der Gefäße, besonders wichtig bei großen Arterien.
2) Was ist das Herzzeitvolumen?
Das Herzzeitvolumen (HZV) ist die Blutmenge, die das Herz pro Minute in den großen Kreislauf auswirft. Es ist die zentrale Kenngröße der kardialen Pumpfunktion und damit ein Kernparameter der Hämodynamik. Ein ausreichendes HZV sichert die Sauerstoffversorgung von Organen und Muskulatur.
Eng verwandt ist der Herzindex (HI oder CI), der das HZV auf die Körperoberfläche (m²) normiert und damit die Vergleichbarkeit zwischen Personen verbessert.
3) Formeln & Wege: Herzzeitvolumen berechnen
3.1 Grundformel aus Schlagvolumen und Herzfrequenz
Formel: HZV = Schlagvolumen (SV) × Herzfrequenz (HF)
Beispiel: Schlägt das Herz HF = 75 /min und beträgt das SV = 70 ml, dann ist das HZV = 75 × 70 ml/min = 5250 ml/min = 5,25 L/min.
3.2 Fick-Prinzip (Goldstandard in vielen Settings)
Das Fick-Prinzip nutzt den Zusammenhang zwischen Sauerstoffaufnahme in der Lunge und arterio-venöser O2-Differenz. Es erfordert O2-Messungen und Blutgasanalysen – sehr genau, aber aufwändig. In vielen hämodynamischen Laboren kommen hierfür Spezialsysteme zum Einsatz.
3.3 Thermodilution
Über einen Katheter wird eine definierte, kältere Indikatorlösung injiziert; aus der Temperaturkurve im Blut wird das Herzzeitvolumen berechnet. Diese Methode ist in Intensiv- und Anästhesiemedizin verbreitet.
3.4 Doppler-Echokardiografie & Impedanz-/Bioreaktanzmessung
Nicht-invasive Verfahren (z. B. Ultraschall-Doppler, Bioimpedanz, Bioreaktanz) schätzen Fluss und SV ohne Gefäßzugang. Moderne Geräte – etwa hämodynamische Plattformen und Monitoring-Lösungen von Schwarzer Cardiotek – unterstützen präzise und workflow-optimierte Messungen im klinischen Alltag.
4) Normalwerte & Referenzbereiche
Parameter | Typischer Bereich (Erwachsene in Ruhe) | Hinweis |
---|---|---|
Herzzeitvolumen (HZV) | ~ 4,0 – 8,0 L/min | Abhängig von Größe, Trainingszustand, Stoffwechsel |
Herzindex (CI) | ~ 2,5 – 4,0 L/min/m² | HZV normiert auf Körperoberfläche |
Schlagvolumen (SV) | ~ 60 – 100 ml | Steigt bei Training, sinkt bei Hypovolämie |
Mittlerer arterieller Druck (MAP) | ~ 70 – 105 mmHg | Richtwert für Organperfusion |
Wichtig: Referenzbereiche sind Richtwerte; klinische Bewertung erfolgt immer kontextbezogen (Alter, Begleiterkrankungen, Medikamente).
5) Einflussfaktoren auf HZV und Blutdruck
- Vorlast (Preload): Füllung der Ventrikel. Mehr Vorlast → höheres SV (Frank-Starling-Mechanismus) – bis zu einem physiologischen Limit.
- Nachlast (Afterload): Widerstand, gegen den das Herz auswerfen muss (SVR, arterieller Druck). Hohe Nachlast kann das SV senken.
- Kontraktilität: Pumpkraft des Myokards; positiv inotrope Reize steigern das SV.
- Herzfrequenz: Steigt die HF, erhöht sich das HZV – zu hohe Frequenzen verkürzen jedoch die Füllungszeit und können SV & damit HZV reduzieren.
- Rhythmus & Ventilfunktion: Arrhythmien und Klappenvitien beeinflussen das effektive Schlagvolumen.
- Blutvolumen & Hämoglobin: Hypovolämie oder Anämie verschlechtern Sauerstofftransport und Perfusion.
6) Messmethoden – wo die Hämodynamik „sichtbar“ wird
In Klinik und Forschung kommen verschiedene Ansätze zum Einsatz:
- Invasiv: Pulmonalarterienkatheter (Thermodilution), arterieller Katheter (Beat-to-Beat-Analyse), venöse Blutgase (Fick).
- Nicht-invasiv: Echokardiografie (Doppler-SV-Schätzung), Pulswellenanalyse, Bioimpedanz/Bioreaktanz.
Hersteller wie Schwarzer Cardiotek bieten Systeme und Software an, die Messdaten erfassen, visualisieren und dokumentieren – von der Beat-to-Beat-Analyse bis zur Trenddarstellung, um Therapieentscheidungen datenbasiert zu unterstützen.
7) Praxis: Schritt-für-Schritt – Herzzeitvolumen berechnen
- Parameter erheben: Herzfrequenz (HF) = 75 /min, Schlagvolumen (SV) = 70 ml (z. B. aus Doppler-Echo).
- HZV berechnen: 75 × 70 ml/min = 5250 ml/min = 5,25 L/min.
- Körperoberfläche (BSA) schätzen: z. B. 1,90 m² (Mosteller-Formel).
- Herzindex (CI): CI = HZV / BSA = 5,25 / 1,90 = ≈ 2,76 L/min/m².
Interpretation: HZV und CI bewegen sich hier im üblichen Ruhebereich eines gesunden Erwachsenen. Abweichungen müssen immer im klinischen Kontext beurteilt werden.
8) Anwendung in Klinik, Sport & Alltag
- Intensiv-/Anästhesiemedizin: Steuerung von Volumentherapie, Vasopressoren und Inotropika anhand von Hämodynamik-Parametern.
- Kardiologie: Diagnostik von Herzinsuffizienz, Klappenerkrankungen und koronaren Syndromen – das Herzzeitvolumen liefert objektive Verlaufsdaten.
- Sportmedizin: Leistungsdiagnostik und Trainingssteuerung (z. B. HZV-Verhalten unter Belastung).
- Telemetrie & Monitoring: Trendanalysen helfen, Verschlechterungen früh zu erkennen; integrierte Systeme (u. a. von Schwarzer Cardiotek) erleichtern Dokumentation und Qualitätssicherung.
9) FAQ: Hämodynamik & Herzzeitvolumen
Wie zuverlässig ist die HZV-Messung?
Die Genauigkeit hängt von der Methode ab. Fick und Thermodilution gelten als sehr präzise, erfordern aber Expertise und ggf. invasive Zugänge. Moderne nicht-invasive Verfahren sind schonend und für Verlaufskontrollen oft ausreichend – Qualität der Messgeräte und des Protokolls ist entscheidend.
Kann man das Herzzeitvolumen ohne Geräte berechnen?
Eine grobe Abschätzung ist möglich, wenn man ein Schlagvolumen annimmt (z. B. 70 ml) und die Herzfrequenz kennt. Für medizinische Entscheidungen sind jedoch validierte Messmethoden vorzuziehen.
Warum schwankt das Herzzeitvolumen?
Körperlage, Atmung, Flüssigkeitshaushalt, Temperatur, Schmerz, Medikamente, Rhythmusstörungen und psychische Faktoren beeinflussen Vorlast, Nachlast, Kontraktilität und Herzfrequenz – und damit die Hämodynamik insgesamt.